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Im Flüsterboot durch Zutphen

Im Flüsterboot durch Zutphen
Zutphen (NL), 27. September 2021

Ablegestelle der Flüsterboote in der Molengracht am früheren Wassertor der Stadtbefestigung

Am Nachmittag unternehmen wir eine schöne Bootsfahrt durch die Grachten von Zutphen. Für nur 6 Euro geht es fast 90 Minuten mit einem elektrisch angetriebenen Holzboot unter ortskundiger Führung eines Fährmanns durch die Stadt.

Unterwegs erfahren wir viel über die Geschichte der Stadt und lokale Besonderheiten. So etwa, dass das Wasser der Grachten nicht aus der Ijssel stammt, sondern aus der Berkel, die aus dem Münsterland kommt und hier bei Zutphen in die Ijssel mündet.

Oder dass es am Rande des Zentrums schon im späten Mittelalter Sozialsiedlungen und Altersheime für die weniger Betuchten gab.

Berührend die Geschichte von einer versteckten Jüdin, die unter deutscher Besatzung eines natürlichen Todes starb, aber natürlich nicht offiziell von jemandem als tot gemeldet oder beigesetzt werden konnte.

Also setzte man die Tote auf ein Fahrrad und ließ sie in die Berkel gleiten. Für die Nazis sah es so aus, als sei die Dame nachts heimlich in der Stadt unterwegs gewesen und in den Kanal gestürzt. So konnten man sie keinem Beschützer oder Unterschlupf zuordnen und diesen bestrafen.

Wir unterqueren viele Brücken und müssen teils ordentlich den Kopf einziehen, was immer wieder zur allgemeinen Erheiterung beiträgt. Als dann zum Ende der Tour noch Nieselregen einsetzt, spannen wir den Schirm auf und kuscheln uns im Boot eng aneinander. So wird es noch gemütlicher

( MITI )

Bezauberndes Zutphen

Bezauberndes Zutphen
Zutphen (NL), 27.09.2021

Blick über den Zaadmarkt zum Weinhausturm

16 Städte haben wir auf unserer Tour durch die Niederlande bislang besucht, und Zutphen (gespr. Süttfen) gehört eindeutig zu meinen Favoriten. Die 50.000-Einwohner-Stadt an der Ijssel hat einen ganz bezaubernden historischen Stadtkern, der von Wasserläufen eingegrenzt wird.

Zutphen war im Mittelalter Mitglied der Hanse. Am Rande der Stadt mündet der Fluss Berkel, der aus dem Münsterland gen Westen strömt, in die Ijssel.

Drei historische Türme überragen die Stadt: der Turm der St.-Walburgis-Kirche, die mächtige Weinhausturm am Markt und der Drogenapsturm als früheres Stadttor.

Wir stehen auf dem kleinen Wohnmobilstellplatz an der Vispoortgracht und haben über das Wasser einen wunderbaren Blick auf den Drogenapsturm. Bis ins Zentrum der Stadt sind es nur wenige Gehminuten.

Eine Besonderheit sind die zahlreichen „Hofjes“ aus dem späten Mittelalter, Hinterhöfe in karreeförmigen Wohnblocks, die als Gemeinschaftsgärten mit Obstbäumen und Spielplätzen dienen.

Die Menschen sind sehr freundlich hier und es herrscht ein entspanntes Flair. Bei den letzten Kommunalwahlen schnitten die Grünlinken der Niederlande als stärkste Partei ab. Ich finde, das passt.

( MITI )

Deventer an der Ijssel

Deventer an der Ijssel
Deventer (NL), 26.09.2021

Blick von der Anlegestelle der Fähre hinüber zur Skyline von Deventer

Wir arbeiten uns weiter in südlicher Richtung voran. Unsere nächste Station ist die alte Hansestadt Deventer, unmittelbar an der Ijssel gelegen.

Deventer war im Mittelalter eine blühende Handelsstadt. Davon zeugt beispielsweise das prächtige Haus der Waage auf dem Marktplatz „Brink“, heute Sitz des Stadtmuseums. Außerdem besitzt die Stadt mit Lebuinuskirche eine sehr große Kirche mit hohem, weithin sichtbaren Turm.

In der historischen Altstadt stehen noch viele Häuser aus dem 17. Jahrhundert neben klassizistischen Bauten aus dem 19. Jahrhundert. Das älteste Haus stammt von 1273.

Wie auch die anderen Handelsstädte an der Ijssel setzte in Deventer am Ende des Mittelalters ein wirtschaftlicher Niedergang ein, nachdem fallende Wasserstände der Ijssel keine Fahrten mit großen Handelsschiffen bis zur Nordsee mehr zuließen.

Heute ist die Wirtschaft Deventers von der Druck- und Verpackungsindustrie geprägt. Produkte aus Deventer sind z. B. Blechdosen und Kunststoffbecher.

Die Stadt ist bei Touristen sehr beliebt. Als wir am Samstagnachmittag auf dem Camping-Platz am Ijsselufer gegenüber der Altstadt eintreffen, ist dieser schon komplett belegt. Zunächst werden wir abgewiesen, doch dann gibt sich der Platzwart einen Ruck, setzt sich aufs Fahrrad und sucht für uns ein kleines Eckchen, wo wir uns noch hineinquetschen können.

Als dann am Sonntagmorgen viele Wochenendgäste abreisen, ergattern wir einen perfekten Platz direkt am Ijsselufer. Von dort haben wir einen wunderbaren Blick auf das Wasser und die Skyline der Stadt am anderen Ufer.

Auf unserem langen Spaziergang durch die Stadt entdecken wir nicht nur viele schöne Häuser und Plätze, sondern auch Gedenkhaus für Etty Hillesum. die „Anne Frank von Deventer“. Die assimilierte Jüdin und studierte Juristin führte während der deutschen Besetzung der Niederlande bis zu ihrer Ermordung im KZ Auschwitz 1943 ein Tagebuch.

Darin spiegelt sich ihre menschliche und spirituelle Entwicklung unter den Bedingungen von Krieg und Verfolgung wider. Auszüge daraus wurden erstmals 1981 international veröffentlicht und fanden großes Interesse. Es ist nicht der erste Moment auf unserer Holland-Reise, in dem ich mich als Deutscher für die Sünden unserer Großväter-Generation schäme, aber vielleicht der eindringlichste.

( MITI )

Harderwijk am Veluwemeer

Harderwijk am Veluwemeer
Harderwijk (NL), 25.09.2021

Blick durch die Bruggestraat zum Rathaus

Von Hattem an der Ijssel fahren wir weiter nach Harderwijk am Veluwemeer, einem großen See zwischen den Provinzen Gelderland und Flevoland. Benannt ist der See nach dem nahegelegenen Waldgebiet Veluwe, dem größten der Niederlande.

Harderwijk lebt vom Tourismus, dem Kleingewerbe und der Berufsschifffahrt. Im Mittelalter war auch die Fischerei von großer Bedeutung, als Hardwerijk noch an der Zuiderzee lag, die in den 1960er Jahren nach der Eindeichung des Ijselmeers trockengelegt wurde. Deshalb wird die Stadt noch heute mit der Aalfischerei und dem Räucheraal in Verbindung gebracht.

( MITI )

Quirliges Zwolle

Quirliges Zwolle
Zwolle, 24. September 2021

Szene an der Thorbeckegracht im Norden der historischen Altstadt von Zwolle

Am Nachmittag machen wir uns mit den Fahrrädern von Hattem auf nach Zwolle, um uns das historische Zentrum der 130.000-Einwohner-Stadt anzuschauen.

Die vielen gute erhaltenen historischen Bauten zeugen von dem einstigen Wohlstand der Stadt im Mittelalter. Zwolle erhielt 1230 die Stadtrechte und schloss sich 1346 der Hanse an.

Als größte Blütezeit gilt das 15. Jahrhundert. Die Stadt war damals eine Hochburg der Bildung und der Buchdruckerkunst.

Schnell merken wir: Hier gibt es wirklich viel zu sehen. Und es sind richtig viele Menschen unterwegs, nicht nur in den großen Einkaufsstraßen, sondern auch entlang der Grachten und Kanäle.

Gut, dass wir auf den Fahrrädern unterwegs sind, denn zu Fuß hätten wir bestimmt nicht so viel zu Gesicht bekommen.

Aber man muss schon ein wenig aufpassen, wenn man das Radfahren in einer holländischen Großstadt nicht gewohnt ist. Die Autofahrer sind weniger das Problem, denn die geben gut auf die Fahrradfahrer acht, aber die vielen anderen Verkehrsteilnehmer auf zwei Rädern.

Viele Mofafahrer benutzen ungeniert die Fahrradwege. Auch manche Fahrradfahrer sind ganz schön rücksichtslos unterwegs, insbesondere an den Kreuzungspunkten. Ist aber nichts passiert, und wir haben die Tour durch Zwolle sehr genossen.

( MITI )

Touristenmagnet Hattem

Touristenmagnet Hattem
Hattem (NL), 24.09.2021

Einkaufsstraße hinter dem Stadttor von Hattem

Ach, haben wir heute Glück:  Wir haben den letzten nicht für das Wochenende reservierten Platz auf dem Wohnmobilstellplatz in Hattem ergattert. Bald merken wir, warum es hier heute so voll wird. Hattem ist wirklich total süß und zieht ganz viele Niederländer an.

Hattem liegt im äußersten Nordosten der Provinz Gelderland nur sechs Kilometer vom historischen Zentrum von Zwolle entfernt. Die beiden ungleichen Städte trennt nur die Ijssel.

Aufgrund dieser Lage war Hattem für das Herzogtum Geldern im Mittelalter strategisch von besonderer Bedeutung. Hattem war einige Zeit Mitglied der deutschen Hanse.

Im Achtzigjährigen Krieg wurde Hattem im Jahr 1629 vergeblich von spanischen Truppen belagert. Noch heute sind die Verteidigungsanlagen, die damals den Spaniern Stand hielten, gut erhalten.

Das gilt auch für den malerischen Stadtkern mit vielen alten Häusern aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Das Deichtor aus dem 15. Jahrhundert ist das Wahrzeichen des Städtchens. Auch das 1619 errichtete Rathaus und die gotische Andreaskirche sind sehenswert. Schön, dass wir hier gelandet sind.

( MITI )