Eine Installation des Videokünstlers Nam Jun Paik (rechts) trifft auf ein Werk von A.R. Penck (links)
Das Folkwang-Museum in Essen verfügt über eine derart große Sammlung an moderner Kunst, dass die meisten Werke nur im Wechsel gezeigt werden können. Es lohnt sich deshalb, von Zeit zu Zeit wiederzukehren, um neue Ausstellungsstücke zu entdecken (der Eintritt in die Hauptsammlung ist kostenlos). Hier einige meiner persönlichen Highlights vom aktuellen Besuch in dem wunderbar lichtdurchfluteten Bau, sortiert nach dem Jahr ihres Entstehens.
Ferdinand Hodler, Der Frühling, 1901
Franz Marc, Pferd in Landschaft, 1910
Oskar Kokoschka, Frau in Blau, 1919
Oskar Kokoschka, Selbstbildnis an der Staffelei, 1922
Oskar Kokoschka, Mann mit Puppe, 1922
Lionel Feininger, Gelmeroda IX, 1926
Laszlo Moholy-Nagy, A VIII, 1923
Johannes Molzah, Ikaros, 1931
Fritz Winter, Der Stern, 1934
Salvador Dali, Der Apotheker von Ampurias auf der Suche nach absolut nichts, 1936
Ich glaube, fast jeder kennt das: Manchmal wird der Blick auf etwas gelenkt und man ist spontan versucht zu sagen, „Das sieht ja aus, wie gemalt“.
Bei den Werken von Nina Fandler wird dieser Satz wahr und erhält gleichzeitig eine spiegelbildliche Bedeutung. Die Düsseldorfer Künstlerin malt, wie es sonst eben nur die Natur vermag: großwüchsige, blühende und farbintensive Rhododendronbüsche.
Deren überbordende Prachtbegleitet Fandler seit ihrer Kindheit. Die Pflanzen standen in dem Garten, in dem die Malerin aufgewachsen ist, und wenn sie diese Erinnerungen heute auf die Leinwand bringt, schaut sie quasi selbst in sich hinein. Für Fandler ist es ein wiederkehrendes Thema, und doch ist jedes ihrer Bilder anders. Jetzt als Ausstellung im Maxhaus Düsseldorf. Der Eintritt ist frei.
Oben links: Eine von Aepplis Puppeninstallationen, unten rechts eine der kinetischen Maschinen Tinguelys
Unter dem Titel „Mechanik und Menschlichkeit“ zeigt das Lehmbruck Museum in Duisburg die weltweit erste umfassende Ausstellung von Eva Aeppli (1925-2015) und Jean Tinguely (1925-1991).
Ich hatte den von mir sehr verehrten Jean Tinguely bislang immer nur mit seiner zweiten Frau Niki de Saint Phalle in Verbindung gebracht.
Doch Tinguely war in erster Ehe mit Eva Aeppli verheiratet, die in den 1960er Jahren international als Künstlerin für ihre lebensgroßen, oft düsteren Textilpuppen aus Samt und Seide bekannt wurde.
Traurigkeit, Einsamkeit und Tod waren die vorherrschenden Themen von Aepplis Kunst, und tatsächlich sind dies Motive, die man auch in einigen von Tinguelys kinetischen Werken wiederfinden kann.
Aeppli und Tinguely blieben auch nach ihrer Trennung zeitlebens verbunden und schufen ab den späten 1980er Jahren einige gemeinsame Werke. Diese vereinen Tinguelys Maschinenkunstmit Aepplis Puppen und sind nun in Duisburg zu sehen.
Vorrangig präsentiert die sehr sehenswerte Ausstellung aber Einzelwerke der Beiden. Anlass ist der einhundertste Geburtstag von Jean Tinguely, der in diesem Jahr mit mehreren Ausstellungen und Veranstaltungen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz begangen wird.
Eva Aeppli, Aeppli und Tinguely als Puppen
Werk von Eva Aeppli & Jean Tinguely
Eva Aeppli & Jean Tinguely, Komm mit mir auf die Schaukel Luise, 1991
Werk von Eva Aeppli
Eva Aeppli, Fünf schwarze Witwen, 1969
Werk von Eva Aeppli
Eva Aeppli, Mautz, 1983
Werk von Eva Aeppli
Eva Aeppli & Daniel Spoerri, Es lebe der Tod, 1974/98
Eva Aeppli, Der Tango, 1983
Werk von Eva Aeppli
Jean Tinguely, Meta-mechanische Skulpturen, 1954
Jean Tinguely, Meta-Matic, No. 10, 1959
Jean Tinguely, Die Schweizer Kuh, 1990
Jean Tinguely, Das Märchenrelief, 1978
Jean Tinguely, Märchenrelief, 1978
Werk von Jean Tinguely
Werk von Jean Tinguely
Werk von Jean Tinguely
Jean Tinguely & Niki de Saint Phalle, Life Saver, 1991
Schon beim Besuch von Schloss Benrath waren mir merkwürdige Wesen aufgefallen, die dort an einigen Stellen fast ein wenig versteckt in den fürstlichen Räumen herumlungern. Beim genauen Hinsehen war zu erkennen, dass es sich um Tierpräparate von Mischwesen handelt, beispielsweise ein bulliger Hundekopf auf dem Körper eines zarten Rehs.
Tatsächlich dienen diese Exponate als Teaser für eine Sonderausstellung in einem Seitenflügel des Schlosses mit dem Titel „Freaks of Natur“. Gezeigt werden dort alte wie neue Mischwesen, die die menschliche Kultur und Mythologie seit Jahrtausenden begleiten: Sphinx, Minotauros und Pegasos.
Dazu gesellen sich Drachen, Einhörner oder der berühmte bayerische Wolpertinger, die unsere Fantasie immer schon beflügeln. Dabei geht die Bewunderung für Mischwesen über das Spekulative hinaus – sie findet eine wissenschaftliche Entsprechung in der Natur.
Hybride, also Lebewesen, die aus der Kreuzung zweier Arten entstehen, spielen eine bedeutende Rolle in der Evolution. Sie vereinen nicht selten die besten Eigenschaften beider Eltern und liefern damit wertvolle Erkenntnisse für Biologie und Züchtung.
Bekannte Beispiele sind Maultiere, die die Kraft eines Pferdes mit der Ausdauer und Trittsicherheit eines Esels kombinieren. Aber auch kuriose Naturwunder wie das Schnabeltier, das Merkmale verschiedenster Tierarten in sich vereint, faszinieren die Wissenschaft bis heute. Bei manchen dieser Exponante meint man auf den ersten Blick, die menschliche Phantasie hätte sie hervorgebracht, dabei sind sie ein Produkt der Natur, wie etwa der neuseeländische Kiwi.
Auf eine ganz verblüffende Weise hat sich der Künstler Thomas Grünfeld diesem Thema angenommen: Er kombiniert sehr gegensätzliche Tierpräparate und schafft so völlig neue Kreaturen wie die Kuh auf den zwei Beinen eines Vogel-Strauß. Wie so vieles, was unser Gehirn noch nicht kennt, lässt uns das erst einmal ein wenig staunend und ratlos zurück. Eine Ausstellung, die nicht nur Kinder zu faszinieren vermag, finde ich.
Vorsicht, bissig: der berühmte Wolpertinger.
Schwahnhafte Version des Minotraurus
Welcher Adler hat denn so einen Kopf?
Der Misfit, eine Kombination aus Königskranich, Biber und Strauß
Katze mit einem Karnickel-Körper
Die Kuh auf zwei Beinen
Dinosaurier Phantasien
Der Sekretär: Eine Mischung aus Schlangenadler, Storch und Rennkuckuck
Lebt in Australien und auf Neuguinea: Der Kurzschnabelameisenigel
Ein echter neuseeländischer Kiwi
Auch dieses Chamäleon mit seiner klebrigen Schleuderzunge: nicht der menschlichen Phantasie entsprungen
Der Grüffelo, ein Produkt zeitgenössischer Literatur
Liebt alles Glitzernde: Die Niffler aus den Harry Potter-Büchern
Paula Rego, Oratorio, 2009, Holzschrank mit Seitenteilen, bestehend aus acht Bildern
In einer großen Ausstellung zeigt das Folkwang-Museum Essen rund 130 Werke aus allen Schaffensperioden der 2022 verstorbenen portugiesischen Künstlerin Paula Rego (*1938).
Die Motive und ihre Ausführung sind teils drastisch, weil sich die in England lebende Rego zeitlebens mit Machtstrukturen, Geschlechterrollen und sozialen Ungerechtigkeiten in ihrem Heimatland Portugal auseinandersetzte.
Was hierzulande fast schon in Vergessenheit geraten ist: Portugal warbis 1974 eine autoritäre Diktatur, die stark vom konservativen Katholizismus geprägt war. Und dies wirkt bei einigen gesellschaftlichen Themen noch bis in die Jetztzeit nach.
Internationale Aufmerksamkeit erlangte Rego beispielsweise in den 1990er-Jahren mit ihrer „Abortion-Serie“, die sie als Beitrag zur öffentlichen Debatte um die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in Portugal verstand.
Die Bilder besitzen eine für Rego typische Brisanz, die nur wenigen Künstler:innen zu eigen ist. Es ist eine unverwechselbare, schonungslose Kunst, die vielfach schön gezeichnet daherkommt.
Dabei variierte Rego im Laufe ihres langen Künstlerlebens immer wieder ihre Stile und Motive. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Werkreihen, in denen sich intime, scheinbar persönliche Momente in Bilder kollektiver Erfahrung verwandeln. Diese Politisierung des Privaten ist typisch für Regos Blick auf die Gesellschaft. In meinen Augen ein faszinierendes und absolut sehenswertes Schaffenswerk.
Paula Rego, The Meal, 1951
Paula Rego, The Meal, 1951
Paula Rego, Celebration, 1953
Paula Rego
Paula Rego
Paula Rego, Night Hunt, 1956
Paula Rego, Iberian Dawn, 1962
Paula Rego, Hungry Dogs, 1963
Paula Rego, Centaur 1964
Paula Rego, The Blue Prince, 1973
Paula Rego
Paula Rego
Paula Rego
Paula Rego
Paula Rego, La Trviata, 1983
Paula Rego, Rigoletto, 1983
Paula Rego, Aida, 1983
Paula Rego, Falstaff, 1983
Paula Rego, The Raft, 1985
Paula Rego, Untitled, 1986
Paula Rego, Untitled, 1986
Paula Rego, Girl Lifting Her Skirt to a Dog, 1986
Paula Rego, Waiting for Food, 1994
Paula Rego, Dancing Ostriches, 1995
Paula Rego, Dancing Ostriches, 1995
Paula Rego, Love, 1995
Paula Rego, The Blue Fairy Whispers to Pinocchio, 1995
Publikum bei einer Wahlkampfveranstaltung der CDU 2016 in Nürtingen
„Mama – von Maria bis Merkel“ lautet die Überschrift einer Themenausstellung, die derzeit im Düsseldorfer Kunstpalast läuft. Sie beleuchtet unser Verhältnis zu Müttern und zum Muttersein im Spiegel der Zeit anhand der Bildenden Kunst.
Tatsächlich war Kunst im christlichen Abendland über viele Jahrhunderte fast ausschließlich religiöse Kunst, mit der Mutter Gottes als eines der zentralen Motive.
Doch mit der Renaissance befreite sich die Kultur ein Stück weit aus dem Würgegriff der Kirche und wurde freier – auch in der Darstellung und Behandlung des Themas „Mutter“.
Der Blick der Ausstellung richtet sich deshalb auf die gesellschaftlichen Erwartungen, die seit jeher das Muttersein beeinflussen und die sich in Kunst, Kultur und Alltag niedergeschlagen haben. Schließlich, wer hat oder hatte keine Mutter?
Anhand von rund 120 Werken vom 14. Jahrhundert bis in die Gegenwart öffnet sich ein vielschichtiges Panorama. Das Spektrum der Schau umfasst neben Malerei und Skulptur, Videoinstallationen und Fotografie auch Dinge des täglichen Gebrauchs sowie Musik und kommerzielle Bildwelten.
Bezüge zwischen den Werken offenbaren Kontinuitäten, aber auch die Wandlungsfähigkeit von Mutterbildern, die immer wieder angeeignet, neu interpretiert, umkämpft und gefeiert werden. So wie Angela Merkel als Mutti der Nation in den 2010er Jahren.
1968 die meistverkaufte Single in Deutschland: Heintje mit „Mama“
Statuen der Mutter Gottes
Künstler unbekannt, Mutter Gottes, Österreich ca. 1500
Max Ernst, Mutter und Kind im nächtlichen Wald, 1953
Queen Elizabeth in einem offiziellen Portrait mit ihren Kindern 1954
Vivian Green, Sun II, 2025
Maina-Miriam Munsky, Westend, 1977
Caroline Walker, Roundmoor Drive, 2022
Hans Kels der Ältere, Pieta, ca. 1515
Frans Francken III., Die Verkündigung im Blumenkranz, ca. 1640
Erich Gerlach, Im Zwielicht, 1965
Tote Mutter I, Egon Schiele, 1910
Katarina Bosse, Sand, 2005
Katarina Bosse, Heide, 2006
Katarina Bosse, Kornfeld, 2006
Flori M. Neusüss, Nudogramm einer Schwangeren, 1967
Ado Giannotti, Ein Winkel von 180 Grad ist eine gerade Linie oder ein Halbkreis, 2007
Max Reimer, NS-Propagandaplakat, 1938
Karl Gottlieb Lück, Die gute Mutter, ca. 1771
Hannah Höch, Frau und Saturn, 1922
Barbara Kruger, Untitled, 1989
Unbekannter Künstler, Peter Jan Foppeszoon und seine Familie, 1750
Blick aus dem Kunstpalast auf den Vorhof
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