Einmal im Herbst müssen Heike und ich mit Doxi die schöne Erftrunde von Wevelinghoven zum Tierpark Grevenbroich laufen. Am besten, wenn das Herbstbunt gerade auf dem Höhepunkt ist. Doch dieser Moment ist schwer zu erwischen.
Auch heuer sind wir vielleicht fünf oder zehn Tage zu früh dran, aber das ist nicht weiter tragisch. War trotzdem ein schöner Spaziergang, weil es endlich mal wieder einen halben Tag nicht geregnet hat. Und das haben wir in diesen Wochen selten.
Manchmal denke ich ja, mit der Kunst des 20. Jahrhunderts, da kenne ich mich mittlerweile ein wenig aus. Aber dann tauchen große Künstler auf, von denen ich noch nie gehört habe. Und dann weiß ich wieder, dass ich eigentlich nichts weiß 🙂
Chaim Soutine (1893-1943) ist ein solcher Künstler, der in Frankreich und den USA wohl bekannt ist, hierzulande aber außerhalb von Künstlerkreisen bislang wenig Aufmerksamkeit erfahren hat.
Als zehntes Kind eines armen jüdischen Flickschneiders in einem kleinen weißrussischen Stetl geboren, studierte Soutine gegen den ausdrücklichen Willen seiner Eltern Kunst in Minsk und ging 1913 nach Paris.
Dort besuchte er einige Monate die Staatliche Hochschule der schönen Künste und schlug sich anschließend viele Jahre als mittelloser Künstler durch. Zu seinem engsten Freund wurde in dieser Zeit der später weltberühmte Amedeo Modigliani.
Dorftrottel, 1920
Soutine malte figurativ, expressiv und gegen den Srom. Dadurch blieb er in der Künstlerszene von Paris stets ein Außenseiter.
Seine Gemälde wirken auf uns sensibel und drastisch zugleich, in ihren Motiven und durch die explosiven Farbkompositionen mit dickem Farbauftrag.
Mit wankenden Landschaften, mitfühlenden Porträts von gesellschaftlichen Außenseitern und der Darstellung geschlachteter Tiere, schafft Soutine Bilder, die den Zuschauer nicht unberührt lassen.
Internationale Wertschätzung erfuhren seine Werke aber erst 20 Jahre nach seinem Tod. 1964 wurden Arbeiten von ihm auf der documenta III in Kassel gezeigt. Seitdem ging es mit den Preisen für seine Werke stetig aufwärts. Sein Gemälde Le Bœuf von 1923 erzielte 2015 im Auktionshaus Christie’s 28 Millionen US-Dollar.
Gezeigt werden in Düsseldorf jetzt Werke aus den Jahren 1918 bis 1928. Es sind ausdruckssstarke Gemälde, die in Erinnerung bleiben. Einige so drastisch, dass ich sie hier gar nicht wiedergeben mag.
Jeden Mittwoch gibt es in meinem Lieblings-Kunstmuseum eine öffentliche Führung durch die aktuelle Wechselausstellung.
Heute waren Heike und ich auch dabei, um eine Werkschau mit rund 80 Gemälden des in Berlin und in Orvieto/Umbrien lebenden Künstlers Christoph M. Gais (*1951) zu erleben.
Gais‘ hat in seiner Heimatstadt Stuttgart und in Berlin studiert. Seine Werke sind nicht ganz einfach zu packen, Sie wirken zeitlos und zeugen von einer hohen malerischen Kultur, die vom Informel mitgeprägt wurde. Dennoch haben sie nichts Liebliches an sich und wollen vielleicht auch gar nicht unbedingt gefallen.
Es ist eine Malerei, die ihren Fokus auf die Materialität der Farbe legt und immer wieder das Dreidimensionale im Zweidimensionalen betont.
Besonders seine großformatigen Werke werden häufig von ornamental gegliederten Oberflächen in Naturtönen bestimmt. Diese werden von figurativen, dreidimensional wirkenden Elementen überlagert. Häufig sind es Masken und Gesichter, aber auch andere, zumeist geometrische Figuren.
Gais selbst spricht von den „durchwühlten Oberflächen“ seiner Bilder und versteht sie als Vorhänge vor Wänden, als Fantasieauslöser und Kultobjekte. In meinen Augen nichts, was ich mir unbedingt an die Wand hängen würde, aber ein konsequenter Weg der Ausarbeitung eines künstlerischen Themas.
Sightseeing mit der Schwebebahn: Heute sind Heike und ich zum ersten Mal im Leben mit der berühmten Wuppertaler Hochbahn gefahren, die als Wahrzeichen der Stadt weithin bekannt ist.
Wuppertal erstreckt sich links und rechts des Flusses in einem schmalen Tal, das von den steilen Hügeln des Bergischen Landes eingefasst wird.
Und weil es dort nicht viel Platz gibt, kamen die Stadtväter am Ende des 19. Jahrhunderts auf die geniale Idee, den unbebauten Raum über dem Fluss für den öffentlichen Personennahverkehr zu nutzen.
Tatsächlich folgt die 13 Kilometer lange Strecke auf den ersten 10 Km in etwa zwölf Metern Höhe dem Lauf der Wupper flussabwärts.
Auf Höhe des Stadions am Zoo verlässt sie die Wupper, überquert eine Bundesstraße und legt die restlichen 3 km bis zur Endhaltestelle Vohwinkel in etwa acht Metern Höhe zwischen den Wohnhäusern mehrerer Straßenzüge zurück. Aus den Wohnungen im zweiten Stock blickt man dort unmittelbar auf die vorbeifahrenden Bahnen.
Die Bahn wurde 1901 eröffnet und steht seit 1997 unter Denkmalschutz. Nach wie vor bildet sie das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs in Wuppertal, mit der sich alle wichtigen Ziele in der Kernstadt bequem erreichen lassen. Und die Bahnen fahren in einem engen Takt.
Bei einer Maximalgeschwindigkeit von 60 km/h schwingt die Bahn in den zahlreichen Kurven entlang des Flusslaufs spürbar aus, was den Fahrspaß nur noch mehrt, finde ich zumindest 🙂 Wenn man es nicht täglich gewohnt ist, erweist sich eine Fahrt mit der Schwebebahn auf jeden Fall als großes Vergnügen. Und es verschafft einen lebendigen Eindruck von der Stadt.
Wir starten an der Haltestelle Landgericht
Die modernen Züge bieten seit 2015 einen Panoramablick
Es geht vorbei an alter …
… und neuer Architektur
Historische Haltestelle Völklinger Straße (Foto Im Fokus | http://commons.wikimedia.org | Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE)
Nach dem Hochwasser von 2019 wurden neue Flußinseln angelegt
„Points of View“, zeitgenössisches Werk von Tony Cragg aus dem Jahre 2007
Wir sind nach Wuppertal gekommen, um den Skulpturenpark Waldfrieden des britisch-deutschen Bildhauers Tony Cragg zu besuchen.
Der 1949 in Liverpool geborene Cragglehrte ab 1979 an der Kunstakademie Düsseldorf und erhielt dort 1988 eine Professur. Seit 1994 ist er Mitglied an der Royal Academy of Arts in London und seit 2002 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin.
Bis zum Brexit war Cragg britischer Staatsbürger, nahm dann aber die deutsche Staatsbürgerschaft an. In Deutschland schmücken sich viele Museen und öffentliche Bauten mit den großformatigen Werken des Bildhauers aus Stein oder Stahl.
Der großzügige Waldpark mit einer im anthroposophischen Stil errichteten Villa geht auf den Chemieunternehmer Kurt Herberts zurück, der dort von 1950 bis zu seinem Tod im Jahr 1989 lebte.
2006 erwarb Tony Cragg die Anlage, um dort in einem Skulpturenpark eigene Werke sowie die Arbeiten anderer Künstler zu präsentieren. Vorbild war der klassische englische Landschaftsgarten und die Kunstrichtung Land Art, die den Skulpturenpark prägen. Diese besondere Mischung aus Kunst und wilder Natur überzieht die Anlage mit einer ganz bezaubernden Atmosphäre.
Tony Cragg, Dancing Column, 2008
Später ließ Cragg auf dem Gelände drei gläserne Ausstellungshallen errichten, Bei unserem Besuch steht die aktuelle Ausstellung unter dem Titel „Home Game“ und feiert das Jubiläum des Parks mit der Wieder-Ausstellung einiger Publikumslieblinge aus den vergangenen fünfzehn Jahren Park-Geschichte.
Besonders eindrucksvoll die Großskulptur „Ouranopolis“ von Anne und Patrick Poirier, die zuletzt im Jahr 2016 gezeigt wurde. Wie ein großes Raumschiff hängt sie als Ring in einer der Ausstellungshallen.
Durch die zahlreichen kleinen Gucklöcher (Spione) entlang der Fassade blickt man in miniaturisierte Räume innerhalb der Skulptur, die sie als eine Ansammlung unterschiedlichster Lebenswelten erscheinen lassen. Faszinierend ist das.
Tony Cragg, To The Knee, 2008
Parkcafe „Podest“
Ausstellungshalle und Konzertsaal
Norbert Kricke, Raumplastik Weiß, 1975
Tony Cragg, Wirbelsäule, 1996
Tony Cragg, Mixed Feelings, 2012
Tony Cragg, Migrant, 2015
Auch das, ein Cragg
Auch das, ein Cragg
Bernhard Luginbühl, Pegasus, 1967
Viilla Waldfrieden
Richard Deacon, Aramis, 2007, Vorderansicht
Richard Deacon, Aramis, 2007, Rückansicht
Not Vital, Tongue, 2010
Im Spiegel der Kunst
Andreas Schmitten, Immaterielles, 2021
Tony Cragg, Distant Cousin, 2006
Art-Shooters unter sich
Eva Hilde, Wave, 2017
Eva Hilde, Irruption, 2011
Thomas Schütte, Mann mit Fahne, 2018
Unverkennbar ein Lüpertz
Heike, Living Tree, 2023
Ausstellungshalle I
Hängende Großskulptur „Ouranopolis“ von Anne und Patrick Poirier von 2015
Der Sonntag bringt uns eine überaus abwechslungsreiche Wanderung vom Heckendorf Höfen hinunter zur Rur nach Monschau und weiter über steile Pfade zur Perlenbachtalsperre.
Hinter Höfen laufen wir zunächst zwischen Weiden und Waldabschnitten hinunter ins malerische Kluckbachtal. An der Mündung des Kluckbachs in die Rur wechseln wir die Flußseite und laufen nun entlang der Rur bis nach Monschau.
Dort ist an diesem sonnigen Sonntagmittag richtig was los. Wir sind froh, einen Schattenplatz in einem der Straßencafés zu bekommen.
Hinter Monschau geht es anschließend auf einem Teilstück des beliebten 100er-Wanderwegs (geschaffen zum 100 jährigen Bestehens des Eifelvereins) auf schmalen, rutschigen und teils steilen Pfaden hinauf zur Teufelsley und zur Engelsley hoch über dem Rurtal.
Bald erreichen wir nach dem Abstieg nach Perlenau den Ostrand des Perlebenbachstausees, dem wir bis zu dessen Ende folgen. Am Anschluss an einen steilen Aufstieg über weiche Waldpfade mitten im Kiefernwald erreichen wir nach etwas mehr als 4 Stunden schließlich wieder unseren Startpunkt in Höfen.