Im Herzen der Wallonie

Im Herzen der Wallonie
Lüttich (B), 2. April 2018

Blick vom Parc de la Boverie über die Maas zum Hochhaus „Tour Paradis“ in der Nähe des Bahnhofs

Gestern, am Ostersonntag, waren wir in Maastricht. Heute, am Ostermontag, sind wir in Lüttich. Obwohl die beiden Städte an der Maas nur 25 Kilometer trennen, liegt zwischen ihnen eine deutlich spürbare kulturelle und wirtschaftliche Grenze. Und natürlich die Landesgrenze zwischen den Niederlanden und Belgien.

Lüttich ist das kulturelle Zentrum der Wallonischen Region Belgiens. Hier wird französisch gesprochen.

Die Stadt war bereits in römischer Zeit und dem Namen Leodicum bzw. Vicus Leodicus bekannt. 717 wurde die Stadt zum Bischofssitz und in den darauffolgenden Jahrhunderten zu einem ein bedeutenden politischen und kulturelles Zentrum.

Achthundert Jahre lang war Lüttich die Hauptstadt eines souveränen Staates, des Fürstbistums Lüttich (985-1789). Dieses erstreckte sich über ein Viertel der Fläche des heutigen Belgiens bis zur französischen, niederländischen und deutschen Grenze.

Sechs Jahre nach der Französischen Revolution wurde Lüttich 1785 von französischen Truppen besetzt und Teil der Französischen Republik. 1815 kam die Stadt nach dem Sturz von Napoleon Bonaparte zum Königreich der Vereinigten Niederlande und wurde 1830 Teil des unabhängigen Königreiches Belgien.

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Der TGV-Bahnhof Liege-Guillemins

Lüttich ist eine Wiege der kontinentaleuropäischen Kohle- und Stahlindustrie. Bereits 1720 nahm die erste Dampfmaschine auf dem europäischen Festland in einer Kohlemine nahe Lüttich ihren Betrieb auf.

Von Lüttich aus breitete sich die Industrialisierung ab Anfang des 19. Jahrhunderts über den gesamten Kontinent aus.

Doch mit dem Niedergang des Kohlebergbaus ab den 1960er Jahren und der anschließenden Stahlkrise erlebte die Region schwere Strukturprobleme, die bis heute nicht überwunden sind.

Die Arbeitslosenquote liegt bei annähernd 25 % und das sieht man der Stadt auch an. Zahlreiche Denkmäler und Statuen erzählen vom Glanz vergangener Zeiten, doch viel ist davon nicht übrig geblieben. Der alte Prunk ist ziemlich angestaubt.

Viele Bauten machen einen vergammelten Eindruck und die Architektur aus der Nachkriegszeit wirkt doch sehr zweckmäßig und wenig ansprechend, um es einmal freundlich auszudrücken. Eines der wenigen Highlights: Der hypermoderne Bahnhof Liège-Guillemins.

Mehr als drei Stunden bin ich an diesem Morgen mit Doxi in der Stadt unterwegs. Fast 14 Kilometer legen wir dabei zurück. Wir starten am heruntergekommenen Kongresspalast auf der Maasinsel im Stadtteil Outremeuse und laufen zunächst durch den öffentlichen Park de la Boverie auf das gleichnamige Museum zu, das in einem prächtigen historischen Bau untergebracht ist.

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Das alte kurfürstliche Palais

An der reich verzierten Brücke Pont de Fragnee wechseln wir auf die andere Seite der Maas. Wir laufen durch das etwas herunterkommen wirkende Stadtviertel Guillemins auf den architektonisch beeindruckenden TGV-Bahnhof Liege-Guillemans zu.

Hinter dem Bahnhof steigen wir auf die Höhen über dem Maastal zum weithin sichtbaren Memorial Interalle auf, das den Kriegstoten des ersten Weltkriegs gewidmet ist.

Anschließend geht es wieder hinunter in Richtung der Altstadt von Lüttich. Wir laufen durch den Parc d’Avroy, kommen an der Kathedrale Saint-Paul de Liege und am Opernhaus vorbei, queren die Einkaufsstraßen im Zentrum und erreichen schließlich den riesigen früheren Sitz des regierenden Fürstbischofs.

Wir lassen uns noch ein wenig durch die Stadt treiben, schauen links und rechts nach sehenswerten Bauten und Plätzen, aber nach dreieinhalb Stunden strammen Marsches haben wir schließlich genug. Eigentlich hatte ich noch eine Wanderung in den nahegelegenen Ardennen geplant, doch die kommt ein anderes Mal dran. Für heute haben wir erst einmal genug Eindrücke gesammelt.

( MITI )