Durch die Schandelosche Heide

Durch die Schandelosche Heide
Straelen, 19. März 2018

Wasserflächen im Nationalpark Maasduinen im sogenannten „Ravenvennen“

Heute war ich mit Doxi im niederländischen Nationalpark De Maasduinen unterwegs, der sich nördlich von Venlo zwischen der Maas im Westen und der deutsch-niederländischen Grenze im Osten erstreckt.

Der Name „Schandelosche Heide“ hat dabei übrigens nichts mit dem deutschen Wort „Schande“ zu tun, sondern bezieht sie auf die angrenzende niederländische Ortschaft Schandelo.

Wir starten am Grenzweg in Straelen am letzten Haus auf der deutschen Seite und erreichen nach wenigen Schritten die Grenze, die durch einen offenen Schlagbaum und verschiedene Infotafeln markiert wird.

Hier erfahre ich, dass diese Grenze zwischen den Gemeinden Straelen und Velden eine wechselvolle Geschichte hinter sich hat. Bis ins späte Mittelalter existierte sie gar nicht, weil alle Gebiete bis zur Maas zur Grafschaft Geldern gehörten. Es gab einen Landesherrn und es wurde eine Sprache gesprochen.

Später wurde das Gebiet nach politischen Streitigkeiten um den Torfabbau geteilt und ein Wassergraben angelegt, der die Grenze markieren sollte. Als nach dem Wiener Kongress im Jahre 1815 viele europäische Grenzen neu gezogen wurden, entstand hier die Grenze zwischen Preußen und dem Königreich der Niederlande.

Preußen verfolgte ursprünglich das Ziel, die Grenze noch einige Kilometer weiter nach Westen bis zur Maas vorzuschieben. Doch der niederländische König wollte sich die Handelswege links und rechts der Maas sichern und setzte sich in Wien mit seiner Forderung durch, die Grenze einen Kanonenschuss weit östlich der Maas zu ziehen.

Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs wurde die Grenze geschlossen. Es begann eine Phase des intensiven Schmuggels von Lebensmitteln und anderen knappen Gütern durch das unwegsame und sumpfige Gelände. In der Nazizeit werden viele Abschnitte diesseits und jenseits der Grenze im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen trocken gelegt.

Nach der Kristallnacht 1938 spricht sich unter den Juden in Wien und Berlin herum, dass man hier relativ einfach nach Holland fliehen kann, wenn allabendlich zwischen 21:00 und 22:00 das Zollpersonal an der Grenze wechselt. Niederländer helfen den Flüchtlingen bis nach Vlisssingen, von wo sie per Schiff nach England gelangen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bleibt die Grenze geschlossen und wird weiter streng bewacht. Dennoch lebt der Schmuggel wieder auf. Im heißen Herbst 1977 werden die Grenzbefestigungen auf deutscher Seite sogar noch einmal durch Betonblockaden verstärkt, weil man befürchtet, RAF-Terroristen könnten unbemerkt in die Niederlande entkommen.

Der Schlagbaum öffnet sich erst wieder im Jahre 1995, nachdem der Vertrag von Schengen umgesetzt wurde. Seitdem können Personen und Fahrzeuge hier unkontrolliert die Grenze passieren. So wie wir heute auf unserer 13 Kilometer langen Runde durch das schöne, von Kiefernwäldern, Heideflächen und Vennseen geprägte Gebiet.

( MITI )